Lauter wird's nicht mehr - wie sich ein Uniprojekt in Bamberg für mehr Ruhe einsetzt
Je später der Abend, desto ausgelassener die Stimmung - und desto höher auch der Geräuschpegel. In Bamberg auf der unteren Brücke ist die nachts anschwellende Lautstärke seit Jahren Streitpunkt zwischen Anwohner*innen und Feiernden.
Dieses Problem ist auch dem Grünenpolitiker Andreas Eichenseher bekannt – um es zu lösen hatte er eine unkonventionelle Idee: Warum schafft man nicht an einer Wand eine Projektionsfläche an, an der man den Feierenden anzeigt, wie laut sie gerade sind - so können diese ihre Lautstärke reduzieren, noch bevor Streits mit den Anwohner*innen entstehen. Über das Referat für Wirtschaft, Beteiligungen und Digitalisierung der Stadt Bamberg gelangte die Idee weiter zum Mobi-Lehrstuhl der Uni Bamberg und wurde hier im Projekt Sound City ausgearbeitet.
Ein Projekt, in dem Geräuschpegel gemessen werden sollen, passt zum Profil des Lehrstuhles
Der Lehrstuhl für Informatik, insbesondere Mobile Softwaresysteme/Mobilität, kurz Mobi, gehört zur Fakultät der Wirtschaftswissenschaften und angewandter Informatik an der Uni Bamberg. Allgemein befasst sich der Lehrstuhl damit, wie Daten, die von sensorbasierten Systemen gemessen worden sind, verarbeitet und gespeichert werden können. Ein Projekt, in dem ein Geräuschpegel gemessen werden soll, passt also zum Profil des Lehrstuhles.
Auch auf Grundstückspreise kann die Lautstärke einen Einfluss haben
Das findet auch Michael Sünkel. Er arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl und hat mit einer Gruppe internationaler Studierender des Masterstudiengangs International Software Systems Sciene im Wintersemester 2020/21 das Projekt Sound City begonnen. Sound City könne bei der städtischen Planung helfen und beispielsweise eine Orientierung für den Wohnungsmarkt geben – denn sei es an einem Ort besonders laut, so wirke sich das auch auf Grundstückspreise aus. In einem Seminar mit verschiedenen Untergruppen setzten sich die Studierenden unter anderem damit auseinander, wie man Geräusche messen und aufzeichnen kann.
Die Projektgruppen entwickelten Karten, auf denen die Lautstärke eines Ortes eingesehen werden kann
Sünkel erzählt, das Grundprinzip sei, den umliegenden Geräuschpegel anhand von Geräten - Smartphones oder dafür bereitgestellten Mikrofonen - zu messen. Die aufgenommenen Daten werden dann in Kategorien eingeordnet: Ist die Lautstärke angebracht oder ist es in der Umgebung zu laut? Der Lärmpegel kann dann über eine im Internet abrufbare und stetig aktualisierte Karte abgerufen werden - auch auf dem Smartphone. Wichtig sind dabei auch Aspekte wie Sicherheit und Privatsphäre, damit nicht ungewollt Gesprächsfetzen oder Stimmen aufgezeichnet werden.
Nachdem sich die Studierenden ins Thema eingelesen hatten, mussten zuerst die Anforderungen an das System analysiert werden. Bei der Gruppe, bei der Lärmpegel auf einem Display angezeigt werden sollen, analysierten die Studierenden beispielsweise, wie oft Daten gemessen werden, wann welches Symbol für welchen Lärmpegel angezeigt wird und wo die Geräusche aggregiert werden. Anhand dieser Analyse wurde das Systemkonzept und das Design entworfen. Erst dann ging es ans Eingemachte: das Programmieren und Testen der App.
Wozu das Ganze? Michael Sünkel erklärt: „Problemstellungen, die von externen Stellen gegeben sind, sind für uns super. Es handelt sich dann nicht um konstruierte Probleme, sondern um echte Probleme aus der Lebenswelt – ganz so, wie die jetzt noch Studierenden es später im Job erleben werden.“
Im Idealfall werden die Ergebnisse der Uniprojekte als Inspiration für konkrete Maßnahmen verwendet
Sind die verschiedenen Projektgruppen fertig mit der Bearbeitung ihres Themengebietes, so werden die Ergebnisse an die Stadt geleitet und können im besten Fall als Inspiration für die Bekämpfung von Lärm dienen. Die Uni fungiert hier idealerweise als Impulsgeber für konkrete Maßnahmen, die dann durch professionelle Anbieter*innen umgesetzt werden.
Sünkel freut sich auf zukünftige Projekte, die mit der Alltagswelt verbunden sind: Das ganze Thema sensorbasierte Daten nehme grade erst Fahrt auf. Es gebe immer mehr Ideen, die sich noch umsetzen lassen. „Da gibt es unzählige Ansätze und Anknüpfungspunkte“.
Autor*in: Lea Heinrich