18.08.2021Projekte

Den Blick aufs Ganze: Smart City Bamberg

Bild: Bamberg Gestalten

Zum Abschluss unserer Serie über Smart City Projekte in Franken begeben wir uns nach Bamberg. Zusammen mit Hof wurde die Stadt ebenfalls in der zweiten Staffel des Projekts ausgewählt und entwickelt nun Ideen, die in der Umsetzungsphase des Förderungszeitraums realisiert werden können. Wir haben uns daher Ende Juni mit der Netzwerkmanagerin Nina Stapf getroffen und ihr einige Fragen zum aktuellen Stand gestellt.

Frischer Wind für smarte Ideen

Als wir an unserem Tisch im Außenbereich eines Cafés in der Innenstadt Platz nehmen, sind wir uns nicht sicher, ob das Wetter halten wird. Es weht ein kräftiger Wind und die Wolken über uns wirken alles andere als verheißungsvoll. Trotzdem treibt es an diesem Tag noch viele andere Menschen in die Fußgängerzone. Nach den ersten Lockerungen der Kontaktbeschränkungen dauerte es in Bamberg nicht lange, bis die Stadt wieder ihre typische Lebendigkeit entwickelte. So verschafft das rege Treiben unserem Gespräch über die Zukunft der Stadt ganz unfreiwillig eine passende Klangkulisse.

start.land.flow: Du bist seit Juni im Team und seitdem seid ihr aktiv in der Strategiephase. Eine Routine konnte sich wahrscheinlich noch gar nicht richtig einstellen, oder?

Nina Stapf: Routine ist etwas, was wir gar nicht unbedingt anstreben. Wir wollen wachsam und neugierig bleiben und jede Idee, sei es aus der Bürgerschaft oder von jemand anderem, von Anfang bis Ende wahrnehmen und ohne Routine betrachten. Von daher sind wir eigentlich auch ein bisschen dafür, dass sich Routine nicht einstellt sondern wir jeden Tag dazulernen können.

Logo: Smart City BambergLogo: Smart City Bambergstart.land.flow: Ihr hattet am 20. Mai das Kickoff-Event. Wie war die Resonanz darauf?

Nina: Die Resonanz war eigentlich durchweg positiv. Wir konnten auch einen deutlichen Anstieg der Anmeldungen auf Intrakommuna verzeichnen. Das ist unser Netzwerk, wo Ideen landen und eingebunden werden sollen. Dort haben wir knapp 350 Anwender*innen und mehr als 30 Ideen (Anm. d. Redaktion: Stand Ende Juni), die aktuell im Ideenpool stehen. Die Auftaktveranstaltung war schon wichtig, um zu zeigen, dass es jetzt losgeht.

start.land.flow: Lass uns über den Digitalen Zwilling sprechen. In eurem Fall soll dieser auch dazu dienen, bestimmte Eingriffe in die Stadtplanung zu simulieren. Was sind denn Bereiche, in denen das zu tragen kommen könnte?

Nina: Es wäre natürlich interessant für die Bürger*innen, immer transparent zu sehen, was passiert, wenn eine Straße gebaut wird oder wenn ein neues Service-Zentrum entsteht und wie es sie tangieren würde. Wie kann ich als Bürgerin also Einfluss darauf nehmen und durch Bamberg-gestalten.de meine Meinung zu dieser Simulation kundgeben? Es wäre Transparenz darüber gegeben, was geplant ist, was ein stärkeres Mitbestimmungsrecht ermöglicht. Man kann beispielsweise auch sehen, wie sich etwas ins Stadtbild einfügt. Von daher hilft es den Anwohnern und Anwohnerinnen, wo etwas gebaut wird oder in Planung ist, nachzuvollziehen, was einzelne Vorhaben für Auswirkungen haben.

start.land.flow: Ein Thema, das in Bamberg immer viel diskutiert wird, ist die Lange Straße und ob sie weiterhin befahrbar sein soll. Wäre es denkbar, in einem Digitalen Zwilling zu simulieren, was passiert, wenn man den Verkehr beispielsweise zweispurig über die Königsstraße umleitet?

Nina: Ja, das wäre ganz gut als Simulation anzuwenden. Damit könnte man sehen, wie sich die Lange Straße vielleicht auch in fünf Jahren entwickelt, wenn man es weiterspinnt und Entwicklungspotenzial (Anm. d. Red.: z.B. durch mehr Sitzgelegenheiten, Begrünung etc.) einbaut.

start.land.flow: Und wie funktioniert das?

Nina: Es müssten erstmal ganz viele Daten erfasst und in Bezug gesetzt werden. Erst einmal müssen die Areale mit Kameras erfasst werden, damit man sie nachbilden kann. Der Digitale Zwilling soll auch Einblick geben in Orte, wo man vielleicht als Bürger*in gar nicht hinkommen würde. Es gibt schon ein Modell, was Karl-Heinz Schramm von der Stadtverwaltung mit verwaltet. Dieses wird noch weiter ausgebaut und intensiver mit Daten befüllt.

Einen Einblick in das bereits bestehende Stadtmodell bekommt ihr in diesem Video:

start.land.flow:  Eines der Oberthemen für die Stadt ist Mobilität. Wo seht ihr da gerade in Bamberg die größten Probleme?

Nina: Es gibt mit dem ÖPNV, E-Rollern, Fahrrad und Car-Sharing viele verschiedene Angebote, mobil zu werden, aber es fehlt noch eine Bündelung, die mit einem Klick zeigt, wie ich am sichersten und schnellsten von A nach B komme. Eine Lösung dafür ist die Mobilitätsapp, die aktuell in Planung ist, weil sie all diese Angebote bündeln und kombinieren möchte. Sie könnte angeben, wohin man am besten mit dem Fahrrad fährt, um dort den Bus zu nehmen, damit am schnellsten ans Ziel kommt.

Außerdem geht es darum, dass man über diese App für alle Dienste gleich bezahlen kann und den Aufwand nur einmal hat. Ein anderer wichtiger Punkt in Sachen Mobilität ist, ist wie jemand mit einem Kinderwagen oder Rollstuhl mobil sein kann. Da ist auch noch ein Leitsystem in Planung, das zeigt, wie ich vor allem im Welterbe barrierefrei von einem Ort zum anderen komme. So sieht man auf einer Karte, wo der Weg am einfachsten ist oder wo es Barrieren gibt und wie ich diese umgehen kann. Das sind die Hürden, die wir mit dem App-Angebot lösen möchten.

start.land.flow:  Ein Punkt, den ich besonders spannend fand, war die Idee, Baumkronen mit Drohnen abzufliegen und dadurch den Zustand der Bäume zu prüfen. Was hat es mit dieser Idee auf sich?

Nina: Das ist dafür da, um zu sehen, wie der Bestand und die Gesundheit der Bäume in fünf Jahren sein wird, damit man den Förster*innen auch eine Arbeit abnimmt. Sie können dann schon digital sehen, an welchen Bäumen es Probleme gibt, ohne sie einzeln abfahren zu müssen. Sie hätten mithilfe der Drohne ein Gesamtbild, was sich über die Jahre entwickelt und auch einen Vergleich liefert. Es ist auch nachhaltig gedacht sinnvoll, um bestimmte Baumarten zu retten und zu schauen, was auch der Standort ändern kann, damit es den Bäumen besser geht.

Auch Bambergs grüne Oasen sind vom Klimawandel betroffen. Immer mehr Bäume leiden unter den steigenden Temperaturen der letzten Jahre und müssen wegen Sturzgefahr gefällt werden. Die Drohnenbefliegung kann vor allem präventiv wirken. Einige Bäume, die für Spazierende von unten gesund aussehen, lassen an abgestorbenen Baumkronen teils schwere innere Schäden erkennen. Wenn solche entdeckt werden, können Förster*innen versuchen, dem Absterben entgegenzuwirken oder im schlimmsten Fall an der betroffenen Stelle bereits mit der Neubepflanzung zu beginnen, bevor der betroffene Baum gefällt werden muss, was oft erst einige Jahre später geschieht. Bei der Diagnosearbeit, die derzeit noch meist aufwendig auf Hubsteigern erledigt wird, könnte so wertvolle Zeit, die derzeit an anderer Stelle im Forstbereich fehlt, gespart werden. Die gesammelten Daten sollen fortlaufend in eine KI eingespeist werden, die dadurch mit der Zeit immer genauere Vorhersagen zum Vegetationsverlauf treffen kann. Mehr Informationen zur Idee der Drohnenbefliegung findet ihr in der Projektbeschreibung auf Bamberg-gestalten.de. (Illustration: Flaticon.com)

start.land.flow:  Lass uns zum Abschluss einen Blick in die Zukunft werfen. Was erhoffst du dir von dem Projekt, was am Ende des Förderzeitraumes 2028 dabei herumkommen kann? Was sind Bereiche, in denen andere Kommunen von Bamberg lernen können?

Nina: Ich erhoffe mir, dass sich vor allem in der Bürgerbeteiligung etwas ändert oder dass man da zukünftig auf einem neuen Stand ist. Wir haben jetzt auch schon den ersten Schritt begonnen mit der Möglichkeit, digitale Bürgerbeteiligung zu gestalten. Dass man sich das beibehält, wäre uns sehr wichtig.

start.land.flow:  Im Bereich Smart City oder allgemein?

Nina: Smart City trägt hoffentlich dazu bei, dass die Bürger*innen sich abgeholt und auf Augenhöhe begegnet fühlen. Das ist auch einer der Gründe für unsere Multiplikator*innen. Dieses Projekt hat Bamberg als erstes initiiert und es geht darum, Leute aus der Bürgerschaft mit ins Boot zu holen, die andere Bürger*innen mitnehmen und auf Smart City aufmerksam machen sollen. Auch wenn das auf den ersten Blick nicht digital wirkt, ist es durch das Projekt entstanden. Und das Thema ist auch nicht, Digitalisierung ins Zentrum zu stellen, sondern trotzdem noch den Menschen. So wollen wir mit Hilfe von digitalen Mitteln Lebenswert entstehen lassen.

start.land.flow: Vielen Dank für das Gespräch!

In Zukunft wird es im Rahmen der Bürger*innenbeteiligung von Smart City Bamberg viele weitere Events geben wie den Round Tables im September und den Open Space im Oktober sowie einen darauffolgenden Hackathon. Über all diese Veranstaltungen halten wir euch bei start.land.flow natürlich weiterhin auf dem Laufenden. Mehr Informationen findet ihr außerdem auf der Projektwebsite. (Illustration: Flaticon.com)

Eigene Ideen könnt ihr auf Intrakommuna einbringen und diskutieren. Auf der neuen Bürgerbeteiligungsplattform Bamberg-gestalten.de findet ihr zudem einen Überblick über aktuell geplante Projekte, über die ihr euch ebenfalls mit anderen austauschen könnt.

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